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Éalú: Konzept

Konzept – Cormac Breatnach

In Juni 2010 begann ich meine letzte Aufnahme mit dem Musiker und Musikproduzenten, Gavin Ralston. Er unterstützte mich bei dem Arrangement und Produktion einiger Musikstücke, sechs von diesen beinhalteten auch Gesang. Diese wurden später bearbeitet, und beim Schnitt entstanden daraus jeweils sieben Stücke mit einer Laufzeit von ca. 6 Minuten. Ich hatte den Wunsch, elektrische Gitarren hinzufügen und bin Gavin sehr dankbar für die verständnisvolle Einstellung in diesem Zusammenhang.

Éalú –Foreign Links ist der Titel dieser Aufnahme. Éalú (ausgesprochen: “Ay-lou”) bedeutet Flucht, Evasion (Zerstreuung), das Durchbrennen der Liebenden, das Vergehen (der Zeit, die Ebbe). Da jeder dieser Inhalte immer eine wichtige Rolle im Laufe meines Lebens gespielt haben, schien mir der Name Éalú für dieses Album als angebracht. Dreizehn Jahre sind seit meinem letzten Musikprojekt vergangen, und es ist ein Privileg für mich gewesen, dieses Mal mit siebzehn begabten Musikern und fünf Sängern aus vier Ländern – Afrika (Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo), Amerika, Japan und Irland – zusammenarbeiten zu dürfen. Dieses Album enthält 10 neue selbstkomponierte Stücke, fast alle davon sind Bestandteil des Title Track Éalú, der eine Laufzeit von neuneinhalb Minuten hat.

Es ist für mich auch eine Ehre, vier neue Kompositionen von anderen Musikern vorstellen zu dürfen: zwei von Alan Griffin, eine von Roger Doyle und eine letzte von einem unbekannten spanischen Komponisten.

Mit dabei sind auch zwei Lieder und fünf Stücke  aus der traditionellen Irischen Musik. Ich glaube, dass das neue aufgenommene Material, das Beste innerhalb dieses gemeinsames Spatium ist, denn es stellt die Projektierung von jedem aufgenommenem Beitrag dar. Dieses Album von ausländischen Verbindungen lässt sich durch abwechslungsreiche Farbtöne ergänzen.

Ein Unterschied zwischen diesem Album und meinen anderen Werken ist, dass ich hier keinen „high whistle“ spiele, sondern „low whistles“ Susato in C, D, Eb, und F und G-Schlüssel. Anders als zu anderen vorherigen Aufnahmen wird hier kein Reel gespielt.

Es folgt eine kurze Zusammenfassung der sieben Stücke:

The Minded fängt mit einem Jig an, den ich für die Töchter meiner Partnerin, Yvonne und Alyssa, vor einigen Jahren komponiert habe. Es folgt der sehr bekannte Old Favourite, ein majestätischer Jig, mein Lieblingsstück, der einige spielerische Arrangements erlaubt. Ich bin ein Anhänger von Blues und Jazz, und das nächste Stück dient als Verbindung zwischen zwei musikalischen Welten: der Synthesizer, der den Zugang in die „andere“ Welt verkündet und die Heimkehr, die den Höhepunkt durch den wunderbaren, wohlbekannten und weitläufigen slip-jig Butterfly erreicht.

Universal Sun ist ein Kinderlied – welches ich mit meiner Partnerin zusammen schrieb – in dem die Wärmekraft der Sonne betont wird – eine Metapher für die Liebe –, denn ohne sie könnte kein Lebewesen überleben oder wachsen. Die Tiere im Lied, die aus der ganzen Welt kommen, symbolisieren die, die in unsere Gesellschaft am meisten gefährdet sind. Das Lied dient als Andenken an die stark benachteiligten Mitglieder unserer Gesellschaft, wie die Tiere, die häufig aus Eigennutz ausgenutzt werden. Das Lied bekräftigt, in dem wir das allgemeine Bedürfnis an Wärme teilen, teilen wir auch das gleiche Grundbedürfnis geliebt zu werden. Wenn wir dieses Grundbedürfnis anerkennen, können wir gegenseitigen Respekt lernen und in einer Welt leben, die, die Versuchung der Selbstvernichtung widerstanden wird.

Das Stück mit dem Titel Éalú (Evasion) ist hauptsächlich ein Instrumentalstück, das eine Totenklage einschließt, und eine Mischung aus Traurigkeit und Freude darstellt. Diese zehnminütige Musikreise beginnt mit einem caoineadh (eine Elegie) an, welche sich später in einen glücklicheren Gemütszustand umwandelt. Die Elegie wird zweimal aufgeführt, das erste Mal wird sie von einem Mann gesungen, das Zweite von einer Frau. Da kein Liedtext – kein bestimmter Kontext- vorhanden ist, kann der Zuhörer/die Zuhörerin seinen/ihren eigenen Weg einschlagen und seine/ihre wechselnde Gefühle interpretieren, die in den verschiedenen Melodien, die dieses Stück bilden, geschildert sind.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Sänger Kokia, in Tokyo, und mir, in Irland, bietet dieses Stück eine erweiterte internationale Dimension an.

Land of Open Welcome? ist ein Arrangement einer bekannten irischen Hymne, die unserem Schutzpatron, den Heiligen Patrick, lobt. Der Poet Theo Dorgan schrieb neue Texte zu Ehren des Heiligen Patrick und der Heiligen Brigida. Seine Worte beziehen sich auf die Stärke dieser Heiligen, die Unterstützung und Führung dem heutigen Irland anbieten. Obwohl diese Texte vor sieben Jahre geschrieben wurden, erzielen diese in der heutigen Zeit der wirtschaftlichen Krise, eine stärkere Bedeutung, erwecken Mut und tragen eine größere Bedeutung für das heutige Irland. Wir alle müssen fühlen und sollten für das, was wir haben dankbar sein, wenn wir die Schwierigkeiten und Leiden vieler Anderen in unserer Gesellschaft sehen, die dadurch ausgeschlossen bleiben und andauernd ungerecht behandelt werden.

Ich bin sehr erfreut, dass die afroamerikanische Schauspielerin und Sängerin, Vanessa Williams, trotz Ihres vollen Terminkalender sich die Zeit genommen hat, in diesem Lied zu singen.

Der Schlussmarsch, The Minstrel Boy, ist ein patriotisches irisches Lied von Thomas Moore (1779–1852), wo er die Melodie The Moreen, ein altes irisches Lied, anpasste. Hier erscheint es als ein Instrumentalstück.

Steal a Kiss, ein langsames evozierendes Stück vom Klavierspieler Roger Doyle, vertont zu einem von mir ausgewählten theatralischen Trailer im Zeichen von 1916. Roger Doyle stellt ein Klavierspieler dar, welcher am Ostermontag 1916 in einem Hotel in Dublin ist mit Blick auf das Hauptpostamt (GPO). Das GPO wurde später das Symbol des irischen Widerstandes, als die Rebellion gegen die britische Besatzung von 1916 stattfand. Während er in der Eingangshalle des Hotels Klavier spielt, sieht er in seiner Nähe eine schöne Frau, die ihn begeistert, und erwägt amouröse Annährungsversuche.

Was um ihn herum geschieht, steht im Kontrast zu seiner vertrauten Welt, er schaut durch das Fenster des Hotels nach draussen und sieht grün-uniformierte Männer vor dem GPO stehen; einer von ihnen spricht den Leuten an und liest öffentlich einen Aufruf vor. Während der Pianist auf den Mann in Grün achtet, entspringt aus seinem Unterbewusstsein eine andere Melodie, die ihn innerlich berührt und in ihm unbekannte Gefühle hervorrufen: diese Melodie bereitet den Weg für eine neue Morgendämmerung. Schließlich symbolisieren die Dudelsackmelodien des Krieges im 17. Jahrhundert, die Änderung der politischen Landschaft, welche von den irischen Rebellen arrangiert wurde und von denen viele dabei ums Leben kamen.

Es handelt sich im nächsten Stück um einen Foxtrot, der aus Guadalajara (spanische Provinz) kommt. Das erste Mal dass ich es hörte, wurde es von dem galizischen Musiker Carlos Beceiro, Mitglied der spanischen Band „La Musgaña”gespielt. Als ich 1995 diese Band in den Azoren zum ersten Mal spielen hörte, weckte sich in mir das Interesse für meine spanischen Wurzeln. Carlos hatte den Foxtrot von Toribio del Olmo – ein Spieler der Dulzaina (traditionelles spanisches Holzblasinstrument) – gelernt, den man als Beschützer dieser Melodie betrachten kann. Mit dem Foxtrot verbunden, sind zwei Kompositionen des irischen-basquischen Musikers, Alan Griffin, der seit 25 Jahren im Baskenland lebt, Musik spielt und Aufnahmen macht.

Im Mai 2007 während der Verfilmung meines Musikprojekts im Programm Ceolchuairt der TG4 wurde mir Alan Griffin vom Filmregisseur Paddy Hayes vorgestellt. Die CD Lau Anaiak von Alan und seiner Band Alboka hat mich sehr inspiriert, so dass es zu einer neuerlichen Erweckung meiner baskischen Wurzeln kam.

Das letzte Stück ist ein Klagelied, welches ich meinen Eltern gewidmet habe. Beide starben in Oktober 2007 innerhalb von zwei Tagen. Die Anfangsmelodie hat Aoife Doyle inspiriert, ihre eindrucksvollen Liedtexte zu schreiben. Danke dafür Aoife. Das Klagelied trägt den Namen des Segenspruchs meines Vaters, den er jedes Mal, wenn er wegging, erteilte.

„Slán agus Breatnach“, bedeutet „Auf Wiedersehen und Breatnach“, ein Wortspiel des irischen Abschiedsgrußes „Slán agus Beannacht“, „Auf Wiedersehen und sei gesegnet!“. Das Musikstück besteht aus vier Teilen und handelt von dem Leben meiner Eltern in umgekehrter Reihenfolge: (I) ein Ruf aus dem Grab, (II) ihren Beerdigungen, (III) ihren Lebensgeschichten, (IV) ihren ersten Atemzüge.